Was soll diese Wildkamera dokumentieren?
In meinem nicht allzu großen, aber naturnahen Garten in Titisee registrierte ich bisher 55 Vogelarten. Nur noch selten kommt eine neue Spezies hinzu. Beim Beobachten meiner Futterhäuschen,
Nistkästen und Badestellen bemerkte ich aus dem Wohnzimmer ein braunes, aber irgendwie verdächtig aussehendes Vögelchen in Spatzengröße auf meiner Wiese. Als ich näher ans Fenster trat, um zu
schauen, was der vermeintliche Spatz dort treibt, hatte ich den Eindruck anhand der nur ganz kurz gesehenen Kopfzeichnung einen Vogel im Gras zu erkennen, der verdächtig nach einem Wendehals
aussah. Leider entfleuchte er meinen Blicken in einen Baum, wobei sein Flugbild mir auch nicht gerade spatzenartig vorkam. Ok, das war es dann wohl. Schade, denn weder mein Fernglas noch die
Kamera waren griffbereit….
Rätselvogel auf der Wiese
Ich beobachtete noch eine Weile, denn nicht selten wiederholen die Vögelchen ihre Verhaltensweisen. Aber es tat sich leider nichts mehr. Da Wendehälse Ameisen fressen, kontrollierte ich etwas
später auf der Wiese die Stelle wo ich den Rätselvogel beobachtet hatte und tatsächlich an der Stelle war ein mir altbekanntes Nest von Wiesenameisen, wo auch einige Ameisen umherliefen. Das war
natürlich ein weiterer Hinweis auf einen Wendehals. Aber es braucht Beweise, ein Fotobeleg muss her! Zudem stellte ich eine Wildkamera an dem Ameisennest auf, für alle Fälle falls der Vogel
nochmals kommt.
War es doch nur ein Spatz? Habe ich mich getäuscht?
Natürlich sinnierte ich zwischenzeitlich, ob es nicht doch ein Spatz war. Rund eine Stunde später kontrollierte ich erneut meine Wiese. Da waren doch wirklich einige Haussperlinge im Rasen, die die Blütenknospen von Löwenzahn benagten. Also war meine Beobachtung dann wohl doch ein Spatz?! Schon wollte ich mich mit der Täuschung abfinden, als ich meinen Augen nicht traute: etwas weiter hinten war was anderes im Gras, tatsächlich ein Wendehals! Diesmal war aber die Kamera in Griffweite. Um nicht zu stören musste ich leider durch die Fensterscheibe fotografieren. Das ist zwar optisch suboptimal, aber egal, zumindest brauchte ich ein Belegfoto! Es gelangen mir in der Folge sogar eine Serie von Bildern, darunter einige brauchbare. Da hatte ich also doch das richtige Gefühl gehabt. Der Wendehals ist damit die Art Nummer 56, die ich in meinem Garten in Titisee beobachten konnte!
Im Hochschwarzwald selten – der Wendehals, meine Nr.56
Der zu den Spechten gehörende Zugvogel besucht uns von Ende März bis September. Zuvor hatte ich ihn nur einmal auf Mallorca beobachtet, aber nur weil er mit lautem Geschrei auf sich aufmerksam
machte. Der rindenfarbige, etwas absonderlich wirkende Vogel ist nämlich ausgezeichnet getarnt und daher leicht zu übersehen. Der bei uns stark gefährdete Wendehals hat seinen Namen von der
Eigenart seinen Kopf schlangenartig verdrehen zu können. Er ernährt sich von Ameisen, die er wie bei mir auf der Wiese mit seiner leimrutenartigen Zunge aufleckt. Nach Hölzinger et. al. „Die
Vögel Baden-Württembergs (2001)“ ist bei uns die Hauptverbreitungszone der wärmeliebenden Art um 500 Meter. Nur selten wurde vor der Jahrhundertwende der Wendehals im Hochschwarzwald bis rund 850
Meter als Brutvogel beobachtet. In den letzten Jahren scheint sich sein Vorkommen aber höher in die Berge zu verschieben.
Ach so, was war denn mit der Wildkamera? Die wertete ich gespannt erst am Abend aus. Und siehe da: in meiner Abwesenheit kam der kuriose Spechtvogel tatsächlich wieder! Und wie erhofft,
wiederholte das Vögelchen sein Verhalten und ich bekam zu meinen Fotos noch zwei Video-Sequenzen, wie der Wendehals sich am Ameisennest mit deren Bewohnern verköstigt. WOW, was für ein Glück!
Nichts geplant und alles bekommen. Der Tag war Bombe!